Das einzige, was wir über Portugal wussten, war die Tatsache, dass die Desserts der Himmel auf Erden sein mussten. Und die Leute wie verrückt surften. Wahrscheinlich, um die genaschten Kalorien zu verbrennen. So zumindest in unserem Kopf, seit wir bei einem Straßenfest in Wien im Spätsommer vor zwei Jahren zum ersten Mal in den Genuss der ganz himmlischen Pastel de Nata kamen.
Vorab sei gesagt: Die größten Gefahren, denen man in Portugal ausgeliefert ist und auf die man sich daher gewissenhaft vorbereiten sollte, sind Überfressung (wahlweise durch Pastel de Nata, frische Sardinen vom Grill oder Arroz de Marisco), unverhoffte Alkoholisierung (mit weißem Sangria, Ginja oder Port-Wein) oder eine gute Wellen beim Surfen zu verpassen. Meistens hilft ein Café (der nie mehr als 75 Cent kostet), um alle Probleme auf einmal zu lösen. Kurz gesagt: Portugal eignet sich für alle kulinarischen Leckermäulchen (von Süß bis Herzhaft), für alle Surfer mit einem Faible für Meeresrauschen und frischen Atlantikwind, für alle heimlichen Kreuzritter, Burgfräulein und Templer, für alle Bewunderer von Disney-Schlössern, Burgen, Ruinen und mythische Geschichten, sowie für alle, die eine schöne Aussicht auch dann noch zu schätzen wissen, wenn sie 24 Stunden am Tag verfügbar ist.
Anfang Oktober waren wir unterwegs mit dem Mietwagen. Wir fuhren von Porto nach Lissabon und wieder zurück. Das Auto war nicht ganz günstig. Aber beschehrt Freiheit. Die Alternative zum Auto sind Zug oder Bus. Das Zugnetz scheint in jedem Fall gut ausgebaut und die Reise mit der Bahn preiswert zu sein. Außerdem verläuft ein Großteil der Gleisstrecke am Meer. Allerdings waren wir das ein oder andere mal sehr dankbar, mit dem Auto unterwegs zu sein, da die Spontanität erhalten bleibt. Zur Not (drei Mal) haben wir einfach im Auto am Strand übernachtet und konnten immer weiterfahren, wenn uns ein Ziel zu Überlaufen oder Unattraktiv war. Kurzfristige Abstecher oder verlängerte Aufenthalte an besonders schönen Orten sind mit dem Auto sehr leicht möglich und man braucht nichts im Vorfeld zu buchen.
Die Flüge nach Porto sind deutlich günstiger als nach Lissabon, daher sollte man die Route eher von Norden nach Süden als andersherum auslegen. Wir waren mit Handgepäck und der niederländischen Fluglinie transavia ab München unterwegs.
Wir haben uns entschieden, nicht wirklich Urlaub zu machen, sondern zu reisen. Jedem, der in Portugal Ruhe und Erholung sucht, dem sei geraten, eher an die Algarve zu fahren und nur in Lissabon 2-3 Tage Sightseeing einzuplanen.
Der Reihe nach. Porto war Liebe auf den ersten Blick und auch im Nachhinein betrachtet setzen wir Porto mit Lissabon auf eine Ebene. Arroz de Marisco-technisch bleibt Porto definitiv ungeschlagen. Porto ist ein Städtchen mit etwa 250.000 Einwohnern, durch das man sich am besten einfach treiben lässt. Besonders gefallen hat uns der Aussichtspunkt am Ende der Brücke, von dem aus man auf die ganze Stadt herabblickt. Obwohl die Buchhandlung Lello von Touristen nur so überrannt wird, ist ein Blick hinein es Wert, das Getümmel zu ignorieren, wenn man sehen möchte, wo Harry Potter entstand und wie schwungvoll Treppen sein können. Besonders ist auch der Bahnhof, der mittels blauer Fliesen an den Wänden (die sich im Übrigen durch ganz Portugal ziehen) viele Geschichten zu erzählen vermag.
In den folgenden drei Tagen ging es von Porto über Espinho, Nazaré, Foz do Arelho, Óbidos, Peniche, Ericeira, Sintra, den Cabo da Roca und Cascais nach Lissabon.
Einige Kilometer unterhalb Portugal und oberhalb Espinhos wachten wir beu einem dunstig verschleierten Meerblick auf und wanderten ein ganzes Stück auf dem etwa 20 Kilometer langen Pfad aus Holz oberhalb der Küste entlang. Unter uns alles voll Sand und wild bewachsen. Weiter ging es nach Nazaré. Nazaré ist gekennzeichnet von seinen bis zu 30 Meter hohen Wellen, die den Ort zu einem weltweit begehrten Surfspot machen. Uns zu touristisch und seltsam kitschig ging es weiter Richtung Süden. Kurz vor Sonnenuntergang entdeckten wir – dem Zufall sei Dank – den Foz de Aleho und wunderten uns, weshalb dieser überwältigende Ausblick nicht einmal ansatzweise in unserem sonst so umfangreichem Stefan-Loose-Reiseführer erwähnt wurde. Im Laufe der Woche wurde uns dann klar, dass die ganze Küstenstraße ein einziger Ausblick von gleichbleibender Einmaligkeit war und wir erkannten die Sinnhaftigkeit des fehlenden Hinweises. Da wir es uns nicht nehmen lassen wollten, den Sonnenuntergang zu sehen, und es danach – no na ned, wie der Salzburger so schön sagt, – schnell dunkel wurde, suchten wir uns im nahegelegenen Óbidos ein Quartier. Óbidos ist berühmt für seinen leckeren Kirschlikör (Ginja genannt), der an jeder Ecke in kleinen Bechern aus Schokolade serviert wird, seine bunte Blütenpracht, das Castello und die alternative Buchhandlung. Aus all diesen Gründen näherten sich am frühen Vormittag auch schon busseweise die Touristen, weshalb wir nach einem Spaziergang durch das Örtchen wieder gen Süden aufmachten. Entlang der Küste und vorbei an Peniche sind wir in Ericeira gestrandet, wo die Speisekarte für die restliche Woche besiegelt wurde: Goldbrasse, Sardinen und Meeresfrüchtereis. Nachdem wir vielen Surfern zugeschaut hatten, wie sie sich immer wieder wagemutig in die eiskalten Fluten des Atlantiks warfen, dabei kurz diskutierten, ob wir nicht auch sollten, aber allein bei dem Gedanken daran fast erfroren wären, fuhren wir am nächsten morgen weiter nach Sintra. In Sintra muss man das riesige Castello und das Disney-Schloss (Palácio Nacional da Pena oder zu Deutsch als „Kummerpalast“ bezeichnet), das von verschiedenen Herrschern in den unterschiedlichsten Farben und Bauarten erweitert wurde, gesehen haben. Eine Wanderung von etwa 45 Minuten durch den angelegten Park auf die Festung benötigt zwar Trittsicherheit, ist für durchschnittlich geübte Wanderer aber gut zu bewältigen. Bei der ‚Weiterfahrt passierten wir den Cabo da Roca, den westlichsten Punkt Europas. Zu sehen gibt es wie immer einen traumhaft schönen Ausblick. Dabei ist es windig sondergleichen und es gibt ein freudiges Wiedersehen mit allen Lissaboner Tagesausflüglern, die wir kurz zuvor schon in Sintra getroffen hatten. Als letzte Ortschaft vor Lissabon übernachteten wir in Cascais, einem wirklich noblen Vorort, wo wir uns im Hostel Limonade, dass leckere Herzal-Waffeln zum Frühstück serviert, mal wieder so richtig ausschlafen konnten.Über Belém, wo wir uns unser tägliches und wohl bestes Pastel de Nata Portugals, genehmigten und das Hieronymus Kloster sowie den Torré anschauten, fuhren wir nach Lissabon.
Angekommen in Lissabon und auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit entschieden wir uns für die kleine Hop-On-Hop-Off Bustour, die durch das historische Zentrum, geprägt von den schmalen, steilen Gassen, den vielen Tuk-Tuks, den engen Fußgängerwegen und gleichzeitig tausenden von Touristen, führt. Diesen Teil mit dem Auto zu befahren, scheint unmöglich. Deshalb parken wir einfach etwas Außerhalb der Innenstadt. Da Wochenende ist auch noch umsonst. Bei der Tour fanden wir ein kleines Hostel, wo wir tatsächlich noch ein Zimmer bekamen – ein schwieriges Unterfangen zu dieser Jahreszeit. Wir verbrachten 2 Nächte in Lissabon, von Samstagmittag bis Montagfrüh. In zwei Tagen lässt sich durchaus viel sehen.
Am Montag fuhren wir über Tomar zurück nach Porto, wo am Dienstagfrüh unser Flieger nach Hause ging. In Tomar besuchten wir das Tempelritterkloster. Ein Besuch, den wir fast nicht gemacht hätten, welcher aber rückblickend definitiv ein Highlight des ganzen Portugal-Trips war.
Fazit Portugal:
WOW – jederzeit wieder! Es gibt noch so viel zu sehen. Und nächstes Mal lassen wir uns nicht vom rauen Atlantik in die Knie zwingen und gehen definitiv surfen.