Eine Erkenntnis in Vientiane

Weltreisetage 45 – 47. Vientiane

Vientiane hat weit nicht so viel Charme wie Luang Prabang, dafür ist die Fahrt mit dem Minibus von Vang Vieng um ein Vielfaches angenehmer als von Luang Prabang nach Vang Vieng. Bei dieser mussten wir schließlich auch zwei Pässe über 2.000 Höhenmeter meistern, unzählige Kurven und abschüssige Strecken auf schlechten Straßen voller Schlaglöcher hinter uns bringen.

Als erstes geht es in die internationale Klinik, um das Fieber final abzuklären. Glücklicherweise alles in Ordnung, denn bei einer Tropenkrankheit wäre das Fieber nicht gesunken.

Wir spazieren (erleichtert) durch die Stadt, flanieren über den Nachtmarkt, fahren Tuk-Tuk,

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… besuchen verschiedene Tempel und das große Stadttor,

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… feuern die Einheimischen bei ihren abendlichen Aerobic-Einheiten zu Hip-Hop am Ufer des Mekongs vor der Kulisse eines tiefroten, untergehenden Feuerballs alias Sonne an,

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… stoßen tatsächlich auf einen echten Adidas-Store mit großen „Fotografieren verboten“-Schildern am Eingang, finden ein Einkaufszentrum, die sich als eine Indoor-Erweiterung des Straßenmarktes herausstellt, sehen die erste Weihnachtsdekoration inklusive Jingle Bells-Gedudel auf der Toilette

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… und besuchen das CORE-Museum.

Das CORE-Museum ist wie das UXO-Museum in Luang Prabang eines der großen Highlights unseres Laos-Besuches. Nicht, weil es besonders schön ist oder wir Museen im Allgemeinen so übermäßig interessant fänden. Sondern, weil es wichtig ist! Weil wir etwas prägendes gelernt haben. Weil wir wieder einmal erkannt haben, wie wenig wir wissen und vor allem absolut nichts davon, was hier passiert ist. Und weil wir davon ausgehen, dass es auch vielen von euch so geht. Nicht, weil wir Dummheit unterstellen, sondern weil es uns einfach niemals jemand erzählt hat. Wir sind dankbar, dass es unshier und jetzt jemand erzählt hat, und das möchten wir an euch weitergeben.

Wir erzählen euch die Geschichte von Laos, weil wir vor dem Fernseher oder auf Facebook&Co. zwar manchmal davon hören, aber nicht wirklich wissen (wollen?), mit welchen Sorgen die Menschen nicht nur in Laos, sondern auch in Vietnam, Kambodscha, Jordanien, Sierra Leone, dem Irak, Kirgisistan, dem Jemen oder den Falkland Inseln – um nur ein paar wenige zu nennen – aus dem Haus gehen. Jeden Tag! Und nun befinden wir uns mitten in diesem Land, zwischen all den Menschen hier und sehen das Leid mit eigenen Augen. UXO ist einer der Gründe, der Millionen von Menschen hier in die Armut treibt, ohne, dass sie irgendetwas dafür könnten. Sie sind arm, weil sie hier geboren wurden und nicht, weil sie faul, dumm oder unfähig wären. Sie haben nur einfach nie die Möglichkeit bekommen, ihr Leben selbst so zu gestalten, und dafür zu sorgen, dass es einfach schön ist.

Die Geschichte beginnt mit einem Laos, das nie das Bedürfnis hatte, sich zu öffnen. Laos ist ein Land, das gerne mit sich selbst alleine war. Abseits der Globalisierung und abseits der sich immer schneller drehenden Welt. Im Norden abgetrennt durch die Berge, im Westen und Süden durch den Mekong von seinen Nachbarländern. Dann kam der Vietnam-Krieg und Laos sah sich gezwungen, Vietnam als seinen engsten Nachbarn mit der Öffnung des Hoh-Chi-Minh-Weges zu unterstützen. Die Hilfe ihrerseits endete mit der schonungslosen Bombadierung durch die USA. Mehr als 2 Millionen Tonnen Streubomben prasselten über Jahre auf Laos herab. Das sind mehr als alle Bomben, die im Zweiten Weltkrieg über Deutschland und seinen europäischen Nachbarländern ZUSAMMEN niedergingen. Abgeworfen in einem Krieg, der sie eigentlich nichts anging und bei dem sie nicht weiter beteiligt waren.

Alle 8 Minuten wurde über Laos eine Streubombe abgeworfen. Eine Bombe, die jeweils 650 kleinere Bombies enthielt. Und das so viele Jahre lang. Schrecklich, oder? Und auch, wenn man versucht, sich vorzustellen, was das für die Menschen bedeutete, können wir das nicht einmal ansatzweise erahnen. Immer noch ist ein Großteil des Landes voller Bombies. Jede Mutter fürchtet immer um ihre Kinder, wenn sie zum Spielen rausgehen. Immer! Ständig kann etwas passieren. So viele Menschen kosten diese Millionen von kleinen Bombies, die nach wie vor im ganzen Land überall als Blindgänger verstreut sind und knapp unter dem Boden liegen, noch heute das Leben oder führen zu schlimmen Verwundungen.

Wenn wir das nicht gewusst hätten, hätten wir Laos wahrscheinlich enttäuscht verlassen. Gab es doch nicht besonders viel zu sehen und waren die Menschen eher nur durchschnittlich freundlich. Nicht so sehr, wie wir es aus Thailand kannten. Ziehen wir jedoch in unser Urteil all das mit ein, was wir gelernt haben, verlassen wir ein unfassbar tapferes Land, das trotz so vieler Missstände nicht dem Trübsal und der Rache verfallen ist, sondern einfach tapfer seinen Alltag meistert. In dem Wissen, dass es nicht fair ist, nie fair war und ihnen niemand jemals wirklich helfen wird, vollständig zu regenerieren. Zu regeneriern von etwas, das ihnen Menschen ähnlich denen angetan haben, die jetzt ihr Land zum Vergnügen nutzen. Die Laos nutzen für Alkohol- und Drogenexzesse auf Schwimmreifen in Vang Vieng oder für Schmaus und Braus beim elegenaten, französischen Abendessen in luxuriösen Kolonialvillen in Luang Prabang. Die Laoten hatten trotzdem (nicht nur) ein Lächeln für uns. Dieses Land hat uns berührt und wir sind voller Solidarität und Dankfür eine Gastfreundschaft, die von echter Größe zeugt und viel Tapferkeit.

PS: Die USA haben übrigens bis heute nicht das internationale Übereinkommen unterschrieben, welches Streubomben aus dem Gebrauch verbannen soll.

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